Dienstag, 22. Januar 2019

Kurze Überlegung zur Rolle der Eifersucht im Patriarchat

Leicht überarbeitete Version eines Facebook-Posts von heute

Nach einem berühmten Zitat von Franz Grillparzer ist "Eifersucht eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft."
Individualpsychologisch stimmt das wohl. In der Art, wie es von größeren Zusammenhängen abstrahiert, ist es aber mal wieder eine polemische Halbwahrheit, die, wie Adorno einst sehr richtig schrieb, schon ganze Unwahrheit ist.
Denn im kapitalistischen Patriarchat erfüllt die Eifersucht eine nicht wirklich subtile, aber doch sehr perfide Aufgabe: es geht ihr um die Zementierung von Geschlechterrollen, die immer auch ihren Anteil daran haben, bestehende Machtgefälle aufrecht zu erhalten, die letztlich dazu dienen, es den einen weiterhin möglichst reibungslos zu erlauben, die anderen auszubeuten.
Die Frau, die ihre Sexualität so ausleben möchte, wie sie es für richtig hält, egal ob inner- oder außerhalb einer bestehenden Paarbeziehung, wird als "Schlampe" verachtet.
Der Mann, der das gleiche tut, als "Don Juan", "Schürzenjäger" oder "Weiberheld" geachtet und bewundert.
Was damit zementiert wird, ist die Ungleichheit der Geschlechter in einem System, das eh immer schon auf einer diskursiv und sozial konstruierten Gender-Binarität aufbaut.
Die Frau ist Besitz des Mannes, der seinerseits (selbstverständlichlich nur vermeintlich) frei ist.
Er hat das Bestimmungsrecht nicht nur über seinen, sondern auch über ihren Körper.
Doch niemand ist frei, wo Unrecht herrscht.
Vielleicht wäre diese Welt eine bessere, wenn sich mehr Menschen daran gewöhnen könnten, auch (!) die Sexualorgane (körperlich) geliebter Menschen miteinander zu "teilen". Natürlich nur, wenn sie das möchten und in guter Absprache miteinander. Denn einander zu belügen, zu betrügen und zu hintergehen sind Verhaltensmuster, die sich, wieder einmal, aus dem falschen Bestehenden speisen - und also ihren Anteil an der Katastrophe haben, die, den ewigen Benjamin-Worten nach, darin besteht, dass es so weiter geht.

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