Sonntag, 27. Januar 2019

Ein paar weiterführende Gedanken zum Gendering als Gewaltakt: von "Okami" zu "Thirteen"

Hier habe ich aufgezeigt, wie im ersten Teil der Okami-Reihe der Akt des Gendering, der Festlegung einer Person auf ein Geschlecht im Rahmen einer Ordnung, die nur zwei Geschlechter kennt, filmisch als Gewaltakt verbildlicht wird, indem ein Kleinkind von seinem Vater vor eine so einfache wie grausame Entscheidung gestellt wird: sei ein Mann oder stirb. In einer Review zu Catherine Hardwickes Meisterwerk Thirteen habe ich mir ein paar weitere Gedanken zum Akt des Gendering gemacht. Wenn Freud zwischen dem Ödipus-Mythos und Shakespeares Hamlet 2500 Jahre fortschreitender Zivilisation bzw. Sublimierung im Hinblick auf die kindliche Strukturierung des Begehrens sah - den unbewussten Wunsch, den Vater zu töten, um an seine Stelle bei der Mutter zu treten, die er, das sei hier nur ganz kurz angemerkt, auf sehr problematische Weise verallgemeinerte - dann kann man vielleicht sagen, dass ähnliches im Hinblick auf die beiden Filme gilt, die 1971 und 2003 entstanden. Genauer: was sich vom einen zum anderen Film verändert hat, ist, dass das Subjekt des Gendering in Okami ein äußeres ist, in Thirteen hingegen geht es um die verinnerlichte Vorstellung dessen, wie eine Frau auszusehen, was sie zu sein hat.

Szene aus "Okami" (Copyright: Rapid Eye Movies)

Die Pointe der Gegenüberstellung ist wahrscheinlich, dass der Gewaltakt damit um nichts weniger brutal wird. Wo sich das Baby in Okami für das Schwert, also den Phallus, entscheiden oder - wir dürfen wohl annehmen durch ebenjenes Schwert - sterben muss, gucken wir in Thirteen anderthalb Stunden zwei dreizehnjährigen Mädchen in ihrer Borderline-Version von teenage rebelion - die Persönlichkeitsstruktur ist dabei nicht zuletzt entscheidend, um den vollkommenen Exzess ihres Tuns zu erklären - physisch schinden, um einem bestimmten Bild von Weiblichkeit zu entsprechen. "Wer schön sein will, muss leiden", sagt das Sprichwort - und der Film denkt das in aller denkbaren Härte weiter. Wenn frau schön und - vor allem - sexy sein will, bedeutet das, dass sie sich unentwegt physisches Leid zufügen muss: durch Hungern, durch eiskaltes Wasser im Magen, das die Kalorienverbrennung anregt und durch eiskalte Löffel im Gesicht, damit ja niemand die Folgen der Drogenexzesse sieht. Durch die Perforierung von Körperstellen und -teilen mit Nadeln. Welchen Sinn macht es bei all dem noch, sich dann mit der Nagelschere in die Beine zu stechen oder sich mit der Rasierklinge in die Arme zu schneiden? Tja, dass das einen Schmerz verursacht, der nicht gesellschaftlich durch vorgegebene Schönheitsbilder sanktioniert ist. Der Schmerz darüber, dem Bild nicht genügen zu können, niemals schön oder schlank genug zu sein - oder auch: die bittere Erkenntnis, dass all das sicherlich nicht glücklich macht - wird wiederum am eigenen Körper ausgelassen, der nun auf eine unmittelbarere Weise dafür bestraft wird, nicht genug sein zu können.

Szene aus "Thirteen" (Copyright: 20th Century Fox)
Psychoanalytisch gesprochen ist das, was zwischen den beiden Filmen liegt, eine Introjektion: aus dem Vater mit dem Schwert wird eine - nicht minder brutale - Instanz in der eigenen Psyche, wenn man mit Freud sprechen will, im Über-Ich, die sagt, dass eine Frau so und so auszusehen habe. Die Introjektion macht eine Unterscheidung von Subjekt und Objekt an dieser Stelle schwierig bis unmöglich. Denn das gegenderte weibliche Subjekt im Film ist eines, das im Gewaltakt des Genderings, zugleich den eigenen Körper zum Objekt macht, dem die Gewalt angetan wird. Butlers Anmerkung, dass es in der Tat Gender keine*n Täter*in gibt, der ihr vorausgeht, weil Gender eben nichts naturgegebenes ist, sondern etwas das sozial und diskursiv konstruiert ist, ohne dass sich dabei ein konkreter Ursprung der Rollenzuschreibungen ausmachen ließe, ist sicherlich wichtig und richtig. In der Art aber, wie die ins Ich introjizierte Geschlechtervorstellung durch die eigene Gender-Performanz dazu führt, dass sich die Mädchen immer weiter Gewalt antun, werden Täterin und Opfer eins. Man könnte auch sagen: Wer schön sein will, muss sich selbst Leiden machen.

Dienstag, 22. Januar 2019

Kurze Überlegung zur Rolle der Eifersucht im Patriarchat

Leicht überarbeitete Version eines Facebook-Posts von heute

Nach einem berühmten Zitat von Franz Grillparzer ist "Eifersucht eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft."
Individualpsychologisch stimmt das wohl. In der Art, wie es von größeren Zusammenhängen abstrahiert, ist es aber mal wieder eine polemische Halbwahrheit, die, wie Adorno einst sehr richtig schrieb, schon ganze Unwahrheit ist.
Denn im kapitalistischen Patriarchat erfüllt die Eifersucht eine nicht wirklich subtile, aber doch sehr perfide Aufgabe: es geht ihr um die Zementierung von Geschlechterrollen, die immer auch ihren Anteil daran haben, bestehende Machtgefälle aufrecht zu erhalten, die letztlich dazu dienen, es den einen weiterhin möglichst reibungslos zu erlauben, die anderen auszubeuten.
Die Frau, die ihre Sexualität so ausleben möchte, wie sie es für richtig hält, egal ob inner- oder außerhalb einer bestehenden Paarbeziehung, wird als "Schlampe" verachtet.
Der Mann, der das gleiche tut, als "Don Juan", "Schürzenjäger" oder "Weiberheld" geachtet und bewundert.
Was damit zementiert wird, ist die Ungleichheit der Geschlechter in einem System, das eh immer schon auf einer diskursiv und sozial konstruierten Gender-Binarität aufbaut.
Die Frau ist Besitz des Mannes, der seinerseits (selbstverständlichlich nur vermeintlich) frei ist.
Er hat das Bestimmungsrecht nicht nur über seinen, sondern auch über ihren Körper.
Doch niemand ist frei, wo Unrecht herrscht.
Vielleicht wäre diese Welt eine bessere, wenn sich mehr Menschen daran gewöhnen könnten, auch (!) die Sexualorgane (körperlich) geliebter Menschen miteinander zu "teilen". Natürlich nur, wenn sie das möchten und in guter Absprache miteinander. Denn einander zu belügen, zu betrügen und zu hintergehen sind Verhaltensmuster, die sich, wieder einmal, aus dem falschen Bestehenden speisen - und also ihren Anteil an der Katastrophe haben, die, den ewigen Benjamin-Worten nach, darin besteht, dass es so weiter geht.

Freitag, 18. Januar 2019

Kolumbus, ich und wie die Welt wurde, was sie heute ist Teil 3: Lösungen

Ich selbst wurde genau 488 Jahre und eine Woche nachdem Kolumbus‘ drei Schiffe zum ersten Mal in Richtung Westen in See stachen, um einen Seeweg nach Indien zu finden, in eine gut situierte Familie in Berlin-Tempelhof hineingeboren– und damit zugleich in den neokonservativen Backlash der 1980er Jahre und das monokulturelle Umfeld, in dem ich aufwuchs: deutsch, weiß, hetero, Cis. Meine frühen Prägungen allein dadurch von Menschen umgeben zu sein, die in ziemlicher Ausschließlichkeit diesen Kriterien entsprachen, haben Stimmen in mir hinterlassen, die mir nur zum Beispiel sagen, dass mein Blick auf Menschen ohne meine Privilegien, die ein anderes Geschlecht haben oder anderswo geboren wurden, deren Haut dunkler ist als meine, ein anderer sein sollte als auf „meinesgleichen“. Dazu kamen in einer patriarchalen Kultur – zumindest in meinem Fall wohl nicht zuletzt in ihren popkulturellen Ausprägungen – andere, die behaupteten, dass ich immer stark sein müsse und nicht weinen dürfe und es etwas mit meiner Persönlichkeit und ihrem Wert zu tun habe, mit wie vielen Frauen ich Sex habe und ob diese normierten Vorstellungen von Schönheit entsprechen. Das einzige, was sie alle dabei letztlich wollen, ist mich von mir und meinen Mitmenschen zu entfremden und zu trennen, anstatt mir die Möglichkeit zu geben, mich mit mir selbst und meinen Mitmenschen verbunden zu fühlen.

Es ist bezeichnend dass es gerade ein Festival wie das Pornfilmfest in Berlin und eine DVD-Edition sind, die Filme über die Dekolonisierung Afrikas versammelt, die die Perspektive der oben genannten Regisseure auf eine Welt und ihre Zwänge, die – bei allen persönlichen und biographischen Unterschieden natürlich – der meinen entspricht, in vielerlei Hinsicht aufbrechen und neue und andere Perspektiven schaffen und zulassen: Filme von Frauen, Filme von Menschen aus Lateinamerika, Afrika und Asien, Filme von und über Homosexuelle und Trans, Filme, die mich in vielfältiger Hinsicht mit Menschen und ihren Sexualitäten konfrontieren, die nicht der meinigen entsprechen. Wenn das Kino – auch als Ort des Austausches und der Begegnung – immer schon davon lebte, dass es einen dazu anhält – manchmal auch regelrecht dazu zwingt –, andere und neue Perspektiven einzunehmen, könnte man das, was das Pornfilmfestival (nicht nur) mir bietet, vielleicht auch mit dem Namen nennen, den besagte DVD-Edition als Titel hat: „Spectres of Freedom“.

Teil 1, Teil 2

Kolumbus, ich und wie die Welt wurde, was sie heute ist Teil 2: Psychoanalyse

Und wenn mit Kolumbus erster Irrfahrt über den Atlantik 1492 die neuzeitlichen Gemetzel begannen, dann ist es bezeichnend, dass er auf seiner vierten und letzten Reise (1502-1504) wenige Jahre vor seinem Tod einmal lapidar, vielleicht auch resigniert feststellte: „Die Welt ist klein.“ Denn dieser Satz aus seiner Feder ist als sich selbsterfüllende Prophezeiung sein Vermächtnis an die Menschheit nach ihm, sorgte die Erkenntnis unserer europäischen Vorfahren, wie groß die Welt tatsächlich ist, doch dafür, dass sie sie nun als Ganzes klein machen konnten, indem sie sie einem einzigen mörderischen System unterwarfen: der Hegemonie des Geldes. Die Herkunft des Wortes „Kolonialismus“, das auf seinen spanischen Nachnamen Colón zurückgeht, ist hier deshalb hilfreich, weil es schon vorm ausgehenden Fünfzehnten Jahrhundert imperialistische Riesenreiche in verschiedenen Ecken der Welt gab, z. B das der Inka in Südamerika, deren Dynastie zeitweise unzählige verschiedene ethnische Gruppen auf einem Gebiet unterwarf, dass sich über den größten Teil Südamerikas erstreckte, und doch markiert das Jahr 1492 eben den Beginn der Eroberung fast der gesamten restlichen Welt durch Europa. 

Dabei spiegelt sich die globale Unterjochung der Vielen durch die Wenigen bis heute im Kleineren und Kleinsten: in faschistischen und möchtegern-kommunistischen Schurken-Staaten und -Reichen ebenso wie in – wenn auch in vielfacher Weise abgemildert – demokratischen Nationalstaaten, in jedem größeren kapitalistischen Unternehmen genauso wie in der patriarchal organisierten Familie. Immer gilt es dabei zu berücksichtigen, was Horkheimer und Adorno schrieben: „Die Menschen bezahlen die Vermehrung ihrer Macht mit der Entfremdung von dem, worüber sie die Macht ausüben.“ Und: „Nicht bloß mit der Entfremdung von dem beherrschten Objekt wird für die Herrschaft bezahlt: Mit der Versachlichung des Geistes wurden die Beziehungen der Menschen selber verhext, auch die jedes einzelnen zu sich.“ Immer wieder gilt es der Worte Georg Christoph Lichtenbergs zu Gedenken, mit denen er bereits im Achtzehnten Jahrhundert das Narrativ von der „Entdeckung Amerikas“ in all seiner eurozentristischen Arroganz auf den Kopf stellte und in deren Spott so viel Wahrheit liegt: „Der Amerikaner, der Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung.“

Es scheint mir an dieser Stelle unerlässlich, diesen Exkurs unter Zuhilfenahme der Psychoanalyse noch etwas auszuweiten, um schließlich auf mich zurückkommen zu können. Die Mutter aller Ressentiments – aus denen dann all die menschenfeindlichen -ismen mitsamt ihrer gewalttätigen Auswüchse bis hin zum Genozid entstehen können – ist die Angst. Nach Freud ist diese dem Menschen etwas sehr buchstäblich angeborenes, nimmt sie doch ihren Ausgang seiner Ansicht nach nicht nur etymologisch – das lateinische Wort „angustiae“ bedeutet „Enge“ oder „Engpass“ - beim Weg durch den Geburtskanal. Gleichzeitig bezieht sich alle Angst auf das Unbekannten, dessen reinste Essenz der Tod ist. Kehren wir ein letztes Mal zu unserem genuesischen Seefahrer zurück, der in seinem „Ersten Brief aus der Neuen Welt“ die Spanische Krone davon in Kenntnis setzte, dass er den Berichten der Menschen auf den von ihm „entdeckten“ Inseln entnehmen könne, dass es auf einer davon, Cariba, Menschen gäbe, die Caniba oder Canima, die menschliches Fleisch verzehren würden.

Daraus ging nicht nur das Wort „Kannibalen“ hervor, sondern zugleich die neuzeitlichen Vorstellungen von ihnen bis in die westliche Populärkultur des Zwanzigsten Jahrhunderts (aber mindestens in reflektierter „ironischer“ Form bis in unsere Gegenwart); im in den späten Siebziger und Achtziger Jahren florierenden Exploitation-Genre des Kannibalenfilms, in dem westliche Menschen in entlegenen und unerforschten Urwäldern der Welt Gefahr laufen, von indigenen Stämmen aufgefressen zu werden oder der Darstellung von „Wilden“ mit Lendenschurz und Knochen im Haar, die sich in ihren Kesseln humane Mahlzeiten zubereiten in früheren Cartoons. Dabei findet sich das Unbekannte, das Ausmaß der Alterität im Hinblick auf die Menschenfresser, nicht zuletzt dadurch markiert, dass man von Anbeginn an – doch auch das setzt sich wohl teilweise bis heute fort – von ihrer Existenz immer nur aus zweiter Hand, vom Hörensagen weiß. Da die InsulanerInnen Kolumbus aber aufgrund der Sprachbarriere weder das noch irgendetwas anderes berichten konnten, darf gemutmaßt werden, dass sie ein Produkt seiner Phantasie waren.

Otto Rank schrieb 1924 unter anderem auf Freuds Überlegungen zur Entstehung der Angst aufbauend ein Buch über „Das Trauma der Geburt und seine Bedeutung für die Psychoanalyse“. Einen Beleg seiner These, dass aller Eros letztlich danach trachte, in den Mutterleib zurückzukehren und somit eine Art Ur-Symbiose wiederherzustellen, fand er im Mythos in Platons „Das Gastmahl“ (4. Jahrhundert v. Chr.), der besagt, dass die Menschen ursprünglich ein kugelrundes „männlich-weibliches“ Geschöpf gewesen seien, die zur Strafe für ihre Auflehnung gegen die Götter in zwei Hälften geschnitten und dabei zugleich in Männer und Frauen unterteilt wurden. Alle sexuelle Begegnung sei danach der Versuch „eins aus zweien zu machen und die menschliche Natur zu heilen.“ Der Tod dadurch, von den Fremden aufgefressen zu werden, somit zugleich ganz direkt in einen menschlichen Leib zurückzukehren und die Ur-Trennung von Subjekt und Objekt aufzuheben, wird dann nicht nur als eine Phantasie lesbar, in der sich Angst und Lust, Todestrieb (oder auch Todessehnsucht) und Libido vermengen, sondern vielleicht spricht aus dieser dann auch die unbewusste – in Aggression verkehrte und auf das Gegenüber projizierte – Sehnsucht, sich mit den Fremden verbinden zu können, denen die kastilischen Schiffe letztlich Versklavung, Assimilierung und Tod brachten.

Mittwoch, 16. Januar 2019

Kolumbus, ich und wie die Welt wurde, was sie heute ist, Teil 1: Privilegien

Ich schreibe in letzter Zeit sehr viel, wie immer hauptsächlich über meine große Leidenschaft: das Kino. So unterschiedlich die Filme von Paul Verhoeven, Brian Yuzna und Stewart Gordon oder Abel Ferrara auch sein mögen, die ich innig liebe und es wohl immer tun werden, sie haben doch gemeinsam, dass ihre Regisseure – wie ich – gewisse Privilegien genießen, für die sie nichts können und nichts getan haben: sie alle sind als weiße, heterosexuelle Cis-Männer ohne Behinderung in westlichen Industrienationen geboren – und für sie gilt, wie für alle Menschen, die nicht jung sterben, dass sie irgendwann alt werden. Unsere trans- und homophobe und heteronormative, rassistische und sexistische, ableistische und antisemitische, klassistische und lookistische, ageistische und xenophobe Kultur ist eine voller Zwänge, denen die einzelnen Individuen in ihrer Umwelt begegnen, die sie aber auch und vor allem internalisieren. 

Wenn mir die Filme von Verhoeven, Ferrara, Yuzna und Gordon diese Zwänge in aller Brutalität vorführen, mit ihnen immer wieder subversiv spielen, wenn es Filme sind, die nicht nur immer wieder von drastischer Gewalt handeln und sie zeigen, sondern letztlich fast selbst zu Gegengewalt werden in der bissigen Satire und dem beißenden Spott, der Verzweiflung und Wut, mit der sie den Verhältnissen begegnen, dann entspricht die Perspektive, aus der heraus sie das tun, dabei doch immer der meinen, wenn ich Texte wie diesen schreibe (und dass ihre Filme, die mich teilweise seit Jahrzehnten begleiten, meinen Blick auf die Welt entschieden mitprägten, geschenkt). In einer von westlichen weißen Männern und Mittelklasse-Diskursen dominierten Welt wie der unseren, müssen alle Menschen, die nach einer Freiheit streben, die über die Glücksversprechungen von materiellem Wohlstand hinaus geht, zumindest versuchen, sich von den Zwängen zu befreien, denen sie – gerne noch einmal: von außen und innen – unterworfen sind.

Aber natürlich machen die Privilegien dabei einen Unterschied, weil es eben etwas anderes ist, ob die Hindernisse, die sich dem Individuum dabei in den Weg stellen, vornehmlich – oder zumindest auch – äußerliche sind, Hunger, Armut, Perspektivlosigkeit und/oder Erfahrungen mit Diskriminierung und Gewalt in all ihren Formen, die Menschen für Abweichungen von Normen bestrafen, für die sie ebenso wenig können wie ich dafür, dass ich sie erfülle. Oder aber, ob der Kampf von mir, meine Emanzipation, eine ist, die sich hauptsächlich in meinem Inneren abspielt. Denn auch dort wüten der Dämon des Patriarchats und das Schreckgespenst des europäischen Kolonialismus, von dem man alles Recht hat zu behaupten, dass mit ihm die Neuzeit beginne. Sorgte er doch auf jenes aufbauend und seine Tyrannei noch vervielfachend für eine bis heute andauernde globale Kräfteverteilung, die mit viehischer Gewalt mehr denn je, alle Bewohner*innen dieses Planeten in gegensätzliche Kategorien teilen wollte und teilt, die letztlich für uns alle in all unserer individuellen und kollektiven Vielfalt nur Gefängnisse sein können, laufen sie doch schlussendlich auf nur eine einzige Dichotomie hinaus: Mächtige und Machtlose (oder Ohnmächtige).

Adorno, Utopie, Frieden

Um an dieser Stelle einen allgemeinen Satz zum Wesen der Utopie zu formulieren, sei zunächst auf die so schönen wie wahren Worte Adornos hingewiesen, die lauten: „Keiner unter den abstrakten Begriffen kommt der erfüllten Utopie näher als der des ewigen Friedens.“ Jede Utopie, die nicht die Menschheit als ganze meint, sondern weiterhin einen kulturell, sozial, sexuell oder sonst wie konstruierten „Anderen“ braucht, der von ihrem Glück nicht nur ausgeschlossen ist, sondern für sie auch als Feindbild herhalten kann, muss sich letztlich in eine Dystopie verkehren.

Und das, wohlgemerkt, nicht nur für diese Anderen, sondern für alle Menschen, weil sie doch dazu verdammt erscheinen, die alte Dialektik von Herren und Knechten immer weiter zu reproduzieren, die Hegel wohl schon richtig beschrieb, allerdings ohne sich des geballten Grauens ihrer Mechanismen für das Individuum und die Gesellschaft, die aus vielen Individuen besteht, im frühen Neunzehnten Jahrhundert doch ganz bewusst sein zu können oder zu wollen. Vielmehr scheint es, dass sein dialektisches Denken, dessen Ansatz gewissermaßen ein individualpsychologischer ist, in der Erkenntnis des Grauens an seine Grenze stoßen muss. Ich möchte in an dieser Stelle mit einem anderen Satz aus der „Minima Moralia“ schließen: „Psychologie reicht ans Grauen nicht heran.“

Kurze Überlegung zur Co-Abhängigkeit

Der Begriff der Co-Abhängigkeit bezeichnet zwei unterschiedliche, wenn auch in der Realität oft stark miteinander verzahnte dysfunktionale und destruktive Verhaltens- und Beziehungsmuster, nach Wikipedia handelt es sich um „ein sozialmedizinisches Konzept, nach dem manche Bezugspersonen eines Suchtkranken (beispielsweise als Co-Alkoholiker) dessen Sucht durch ihr Tun oder Unterlassen zusätzlich fördern oder selber darunter in besonderer Form leiden. Ihr Verhalten enthält seinerseits Sucht-Aspekte. Co-Abhängigkeit bezeichnet darüber hinaus auch ein Verhalten von Menschen mit einer Beziehungsstörung, bei der sie sich ganz allgemein von anderen Menschen abhängig machen, unabhängig von einem bestimmten Menschen oder von einem süchtigen Menschen. In Selbsthilfegruppen für Anonyme Co-Abhängige (CoDA) tauschen Betroffene ihre Erfahrungen aus und lernen, sich verantwortlich um ihr eigenes Leben zu kümmern.“

Auch wenn Co-Abhängigkeit bis heute keine offizielle Diagnose und der Begriff umstritten ist, muss doch darauf hingewiesen werden, inwiefern sie dazu in der Lage ist, Menschenleben zu zerstören. Wenn, um ein sehr oberflächliches und drastisches Beispiel zu wählen, Eltern für ihre drogenabhängigen Kinder Lebensmittel kaufen oder ihre Schulden bezahlen, können sie sich nicht nur selbst damit in den finanziellen, aber auch - dadurch dass sie die Kinder damit eben gerade nicht retten - emotionalen Ruin treiben, sie halten auch das Suchtsystem ihrer Angehörigen am Laufen. Denn denen bietet sich dadurch mehr denn je die Möglichkeit – auch wenn die Zuwendungen nicht direkt monetärer Natur sind, was selbstverständlich ebenfalls oft genug vorkommt – jeden verfügbaren Cent für Suchtmittel auszugeben. Gerade in der zweiten Bedeutung kann es auch dazu kommen, dass das Verlangen das Gegenüber zu retten, dazu führt, dass sich jemand beispielsweise selbst hoch verschuldet, aber auch alle eigenen Bedürfnisse und Gefühle in der Beziehung ausblendet, „herunterschluckt“, verdrängt und abspaltet aus Angst davor, den/die Andere/n zu verlieren – und damit auch die – wie bei jeder Sucht mehr und mehr nachlassende – Befriedigung, die die abhängige Bindung an sie/ihn verschafft.

Dienstag, 8. Januar 2019

Performanz im Kino 3: Gendering-Bullys in "Seed of Chucky" (Don Mancini, USA 2005)

Basiernd auf meiner Kritik zum Film in der Filmgazette:
Bemerkenswert ist der Diskurs des Films um Geschlechteridentitäten und Fortpflanzung bzw. Mutterschaft. Was der Vorgänger bereits vorbereitete, kommt hier in einer Titelfigur, die weder männlich noch weiblich ist, sich mal eher für das eine, dann wieder für das andere Geschlecht entscheidet, zu voller Ausprägung. Die „Geschlechtslosigkeit“ Glen/Glendas kann indessen nur als eine „Vorgeschlechtlichkeit“ gedacht werden. Ein Subjekt, das sich den normativen binären Geschlechterzuschreibungen entzieht, ist für das Über-Ich der Eltern, insbesondere des Vaters, nicht hinnehmbar, es muss sich entscheiden, „richtig“ gegendert werden.
Indessen hat der Versuch der Eltern, ihr Kind dem Gesetz der Geschlechterbinarität entsprechend zu gendern, auch Einfluss auf ihr eigenes (Geschlechterrollen-)Verhalten. Wo Tiffany sich, um ihrer Verantwortung als Mutter gerecht zu werden, in Abstinenz von der Sucht des Mordens versucht, dabei sogar die Hilfe des Zwölf-Schritte-Programms in Anspruch nimmt, da die Meetings, die Selbsthilfegruppensitzungen, für sie wohl eher nicht infrage kommen, in Buchform, da generiert sich Chucky als der Macho, der sich hemmungslos gehen lassen, seinen mörderischen Impulsen freien Lauf lassen kann und sich schließlich auch als verdammt besitzergreifendes Alpha-Männchen herausstellt: „Nobody leaves me!“
Schon durch die Konstruktion des Plots spiegelt sich in dem Puppenpaar das menschliche von Tilly und Redman. Sie findet nach einer Nacht mit ihm, an deren genauen Verlauf sich beide nicht erinnern können, heraus, dass sie schwanger ist. Er weist jede Schuld von sich mit dem Hinweis, dass er schon lange eine Vasektomie bei sich habe vornehmen lassen. Zu dem Gender Trouble gesellt sich auch der Ärger mit dem Sex, wobei das Wort eben eine bestimmte Tätigkeit beschreibt, aber auch bei Judith Butler für das „biologische“, das „körperliche“ Geschlecht steht, in Abgrenzung eben zu dem sozial konstruierten Geschlecht „Gender“. Übrigens geht diese Unterscheidung wohl tatsächlich auf Freud zurück. In einer langen Fußnote in den Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie schreibt er, dass das Wort Geschlecht, wie es gemeinhin verwendet werde, vieles zusammenschmeißt, was letztlich voneinander zu unterscheiden sei: nämlich das biologische, das, so nennt er es, soziologische Geschlecht, sowie eine Unterscheidung von Aktivität und Passivität im Hinblick auf das Sexualziel, die er aber ebenfalls nicht unbedingt klar männlich/weiblich codiert sieht. 
Es bewahrheitet sich für „Seed of Chucky“, gerade im Hinblick auf die eigentlich denkbar friedfertige Titelfigur, die sich dem ständigen Normierungsdruck durch sein Umfeld ziemlich hilflos ausgeliefert sieht, was Ivo Ritzer im Hinblick auf die Gialli Dario Argentos schrieb: „Der Schrecken liegt damit im Horror der Heteronormativität selbst.“ Nur am Ende reicht es ihr und sie zeigt den ganzen Gendering-Bullys mal, wo das Samuraischwert hängt. Eine denkbar schöne Katharsis finde ich.

Montag, 7. Januar 2019

Performanz im Kino 2: Im Dschungel der Identifikationen. Zum Disney-Klassiker "The Djungle Book" (Wolfgang Reitherman, USA 1967)

Mowgli, das Kind ohne Eltern, im Urwald der Identifikationen. Zunächst ist da der Panther Bagheera, der sich väterlich um ihn kümmert, wobei er es als seine Aufgabe ansieht, das Menschenkind, das bei einer Wolfsfamilie aufwuchs, wieder in die Menschliche Gesellschaft zu integrieren. Er steht also, psychoanalytisch betrachtet, für ein Realitätsprinzip, das sagt: Weil der Mensch ein Mensch ist, muss er unter seinesgleichen aufwachsen. In seinem Verhalten vermischen sich Beschützerinstinkt mit rationalen Erwägungen.

Schnell wird in diese Konstellation eine andere Vaterfigur eingeführt: Der Bär Baloo, die mit Abstand sympathischste, coolste, angenehmste und interessanteste Tierfigur des Films. Und dabei auch sein heimliches Zentrum (dazu später mehr). Er ist sehr deutlich das Lustprinzip. Was sich schon darin ausdrückt, dass er sich nicht, wie Bagheera, einen Kopf darum macht, was für Mowgli am besten wäre, sondern sich von seinen eigenen Gefühlen leiten lässt: Er mag den kleinen Racker einfach, der ein Stück weit in den diversen Identifikationsangeboten, die der Film ihm bietet, wie ein unbeschriebenes und zu beschreibendes Blatt wirkt, aber dabei doch merklich seinen eigenen (Dick)Kopf hat, wenn es etwa darum geht, gegen Bagheeras Strenge und seine Pläne für ihn zu rebellieren. Deshalb will er ihn ganz für sich haben, ihn unter seine Fittiche nehmen, ihm alles beibringen, was er weiß. Das verdichtet sich in der Schlüsselszene des Films, in dem schönsten seiner vielen schönen Songs, der zugleich der bekannteste und auch der für den Film wichtigste ist:


Tatsächlich steckt in "The Bare Necessities" eine sehr wichtige Botschaft über die Gelassenheit und die Konzentration auf das Wesentliche, die gerade der westlichen Kultur, der der Film entstammt, bzw. sehr vielen ihrer Bewohner*innen sehr gründlich abgeht. Auf Facebook drückte ich es überspitzt aus: All the philosophy you'll ever need… Kein Wunder also, dass sich Mowgli einen solchen Vater gerne gefallen lassen würde und am Ende des Songs nicht nur begeistert ins Lied mit einstimmt und die Moves des Bären nachahmt, sondern auch zufrieden feststellt: "I like being a bear."

Wenig später wird Mowgli von einer Bande von Affen entführt, deren erklärtes großes Ziel es ist, Menschen zu werden. Die Struktur der Identifikation wird also umgekehrt: das Menschenjunge nimmt sich einen großen Buddy-Bären zum väterlichen Vorbild, die ausgewachsenen Affen einen kleinen Jungen. Vielleicht die utopischste der Begegnungen auf Mowglis Weg durch den Urwald ist die mit einer Gruppe Geiern, die der Film als ewige Oustcasts charakterisiert, denn wo noch der zärtlichsten und behutsamsten Eltern-Kind-Beziehung ein Machtgefälle innewohnt, geht es hier merklich um eine Art der Beziehung, die von Beginn an auf Augenhöhe stattfinden kann: Freundschaft. Unser kleiner Held trifft auf sie, als er den emotionalen Tiefpunkt in der Handlung des Films erreicht hat. Er ist trostlos, bedrückt, niedergeschlagen. Sie schaffen es, nachdem sie ihn zunächst misstrauisch beäugen, aber schnell merken, dass er nicht böse ist, sie nicht dafür diskriminiert, dass sie sind, wie sie sind, sondern ihnen genauso begegnet wie all den anderen anthropomorphen Tieren des Films, ihn aufzuheitern, wieder aufzubauen. Denn, wie sie es im Ständchen verkünden, das sie ihm singen: "That's what friends are for."

Leider stimmt jemand in das Lied ein, der nicht zu den freundlichen Dschungelbewohner*innen gehört: der Tiger Sheer Khan. Dessen englisch adliger Dialekt ihn im Phantasieindien, in dem der Film spielt, deutlich als Kolonialisten charakterisiert. Die Geier sind sichtlich eingeschüchtert von der pikierten Raubkatze, die wohl aus einem traumatischen Erlebnis heraus immensen Hass auf die Menschen hegt. Ihr kommt also das Menschenjunge gerade recht, um Rache an dessen Art zu nehmen. Zum überbesorgten Vater Bagheera und zum gechillten Baloo, gesellt sich nun also auch noch ein böser Vater. Die wohl tatsächlich einzige (einigermaßen klar) als weiblich gekennzeichnete Tierfigur ist die verschlagen zischende, gemeine Hypnosetaktiken anwendende Schlange Kaa (als böse Mutter?)

Entscheidend an der ersten Begegnung zwischen Mowgli und dem Tiger ist, dass sich der Junge kein bisschen von seinem ihm körperlich haushoch überlegenen und mörderischen Gegner einschüchtern lässt. Es stellt wohl kaum eine psychologische Überinterpretation dar, zu sagen, dass ein Kind, dass in dieser Art auf Lebensgefahr reagiert in seinen paar Jährchen schon eine ganze Menge durchgemacht haben muss.

Ich habe von den Disney-Zeichentrick-Klassikern, die ich teilweise in der Kindheit rauf und runter geguckt habe, seit dem kaum jemals einen wiedergesehen. In der vergangenen Woche nunmehr aber gleich zwei. "Dumbo" war letztlich ein hochpolitisches Technicolor-Musical von 1941, das für mich heute sowohl in den dargestellten Beziehungsmustern und -Dynamiken als auch in seinem hammerharten sozialen Kommentar teilweise schwer erträglich war (auch wenn die Katharsis am Ende, in dem der kleine Elefant, der von den feinen Elefantendamen wegen seiner Riesenohren als "Freak" gebrandmarkt wird, diese am Ende nutzt, um in ein besseres Leben zu fliegen, vortrefflich funktioniert). "The Jungle Book", den ich danach sah, funktioniert da grundlegend anders, was maßgeblich daran liegt, dass es letztlich kein Mowgli- sondern ein Baloo-Film ist, der in seinem Umgang mit Traumatischem, mit Tod, Trennung, Verlust zwar durchaus auf melodramatische Zuspitzungen setzt, dabei aber doch von einer Gelassenheit erfüllt ist, die über den Schmerz nach wenigen Minuten oder Sekunden hinweg ist. In der Regel geschieht das dadurch, dass Baloo sich schlicht nicht unterkriegen lässt, seine Bedrückung über das Geschehene schon nach sehr kurzer Zeit mit einem coolen Spruch, einem Witz oder einem Lied kompensiert, sehr schnell wieder ganz der alte ist.

Nachdem dieser Text jetzt schon wesentlich länger ist, als ich die Einträge auf diesem Blog eigentlich halten möchte, scheint es mir daran anknüpfend unerlässlich, noch die letzte Szene ausführlicher zu analysieren: Mowgli geht schließlich in das Menschendorf zurück, weil er ein Mädchen sieht, dass am Fluss Wasser holt und dabei singt, und deren Versuchungen er sofort erliegt wie die Seefahrer denen der Sirenen bei Homer. In die sonderbar asexuelle Dschungelwelt des Films, in der es keine weiblichen Tiere zu geben scheint und jeder sexuelle Subtext zwischen den männlichen wenn überhaupt ein sehr weit sublimierter ist, tritt nun ein Begehren, dass hier offenbar nur als heterosexuelles gedacht werden kann. Aber das die Produktion einer heterosexuellen Matrix wie sie Judith Butler sehr treffend psychoanalytisch konzipierte, selten so bezaubernd, hypnotisch und schön war wie in den letzten Minuten des Films ist dabei nur das eine. Denn zum anderen, gibt es da noch ein kleines Detail. Die Frau, die geschickt mit dem Begehren des männlichen Helds für sie spielt, lässt bewusst ihren Wasserkrug zu ihm rollen (ein Schachzug übrigens, den Panther und Bär, die die Szene aus dem Urwald mit ansehen als würde sie sich auf einer Kinoleinwand abspielen, sofort durchschauen). Einerseits findet die Suche nach männlichen Identifikationsangeboten hier mit der Entdeckung eines weiblichen Sexualobjekts ein Ende. Andererseits dürfen wir dabei nicht vergessen, dass unser kleines Menschenjunge keinerlei Verhältnis zur Welt kennt, das nicht nach den Regeln der Mimikry funktionieren würde. So hebt er nun den Krug auf, setzt ihn sich auf den Kopf und läuft, wie benebelt hinter der Angebeteten hinterher. Kaum ist eine Heterosexualität hier  konstruiert, dauert es doch nur wenige Sekunden, bis der Film anfängt, mit der patriarchalen Arbeits- und Geschlechterverteilung subversiv zu spielen.

Allerdings hört der Film nicht mit Mowgli und seiner neuen Liebschaft auf, sondern mit Bagheera und Baloo. Letzterer muss nun den Schmerz überwinden, das sein geliebtes Ziehkind letztlich also doch den Weg geht, den Ersterer von Anfang an für ihn vorgesehen hatte. Im Hinblick auf das andere Geschlecht merkt Baloo nun an, dass es keine gute Idee (für Mowgli?) ist, sich mit ihm einzulassen, denn das bringe nur Ärger. Da das Kind aber nun einmal weg ist, verschwindet mit ihm auch die Rivalität zwischen Bär und Panther, in der es ja letztlich um die nun wegfallende Frage der richtigen Erziehung ging. Hier ist also Versöhnung angesagt und Arm in Arm ziehen die zwei davon in den Dschungel, nunmehr gemeinsam das Lied von den "Bare Necessities" anstimmend. Ob wohl immer noch die selben gemeint sind wie zu  Beginn des Films? Wer weiß...

Sonntag, 6. Januar 2019

Performanz im Kino 1: Eine Wahl, die keine ist, Gendering und Sex als Gewalt in den "Lone Wolf and Cub"-Filme


In der auf seinerzeit in Japan sehr populären Mangas basierenden "Okami"-Filmreihe geht es um den durch die Lande des Japans im frühen Zwanzigsten  Jahrhundert ziehenden Samurai Itto Okami und seinen Sohn Daigoro, den er in einem Wagen vor sich herschiebt, wobei sich der Vater mit dem Samuraischwert und dem Maschinengewehr durch ganze Heerscharen von Gegner*innen metzelt. Immer wieder werden dabei auch Geschlechterverhältnisse thematisiert. Das zeigt sich schon in einer Schlüsselszene aus dem ersten Teil: „Okami – Das Schwert der Rache“ (Kenji Misumi, 1972) (sie war das einzige, was mir aus „Shogun Assassin“ (1980), einem Zusammenschnitt aus den ersten zwei Filmen, der als solcher wohl nicht wirklich interessant ist, es für mich aber dadurch wird, dass sich die Rapper des Wu-Tang-Clan, Hip-Hop-Helden meiner 90er-Jugend, in ihren Alben exzessiv durch seine englische Synchronisation sampeln): Nach dem gewaltsamen Tod der Mutter zu Beginn, stellt der Vater das Baby vor eine lebensbestimmende Entscheidung: wählt es das Schwert, darf es mit ihm auf seinem Weg gehen. Wählt es aber den Ball, wird es der Mutter in den Tod folgen. Die Wahl zwischen dem Samuraischwert-Phallus, mit dem der Vater reihenweise andere Menschen (vorwiegend Männer) tot fickt, und dem den Mutterleib oder auch die weibliche Brust symbolisierenden Ball, der aber zugleich als Spielzeug für sich selbst steht, und damit der Entscheidung eine weiter grausame Facette gibt – Mann oder Kind? - wird dadurch auch als knallhartes gendering lesbar, als die erzwungene Wahl zwischen zwei Geschlechtern. Wobei auf eine Entscheidung, die nicht dem Biologismus folgt, der Tod steht.

Allerdings ist es dabei entscheidend, dass der Film das Über-Ich - gehen wir von der Freud'schen Konzeption der Psyche aus, wie sie Judith Butler in ihrem Kapitel Freud and the melancholia of gender in Gender Trouble auf überzeugende und wichtige Art übernimmt und weiterdenkt - hier nicht als eine durch Introjektion in den psychischen Apparat übernommenen Instanz denkt, sondern es als eine der äußeren Welt angehörende Figur verbildlicht. Was selbstverständlich wesentlich filmischer ist. 

Die dem Genrekino (und gewiss nicht nur dem japanischen) ja von jeher kaum fremde Verzahnung von Sex und Gewalt, bekommt hier durch die Konkretisierung des Schwerts als Penis (auch als etwas also, das einer biologistischen Logik nach schlicht zum Mann dazugehört) eine Komponente, die aufzuzeigen scheint, in wie weit beide in patriarchalen Vorstellungen von Männlichkeit immer schon zusammengehören. Wo es das große Verdienst der Filme ist, das in dieser Härte zu zeigen, bleiben sie besagtem Bild von Männlichkeit gegenüber dabei doch immer auf sehr zwiespältige Art ambivalent. Was sich auch in ihrem Blick auf Frauenkörper und die im (ebenfalls nicht nur japanischen) Genrekino manchmal sehr heikle Darstellung sexueller Gewalt ausdrückt. So bekommt es Itto gleich im zweiten Film, „Der unbesiegbare Samurai“ (Kenji Misumi, 1972) zwar auch mit einer Reihe von Schwertkämpferinnen zu tun – was man im Kontext der Reihe wohl gleichsetzen darf mit: Frauen mit Schwänzen. Deren Anführerin wird dann auch dadurch charakterisiert, dass sie der schon ihrem Klang nach zutiefst martialischen Sprache der Männer bemächtigt, einer Art hartem Bellen, mit dem sich Itto, die Chefs der verschiedenen Clans, die in der Reihe munter gegen einander intrigieren, und die Funktionäre des Shogunats verständigen und die großen Anteil am eigenwilligen Pathos der Filme hat.

Doch muss diese Transgression tradierter Geschlechterrollen hier schließlich immer bestraft werden. Sehr deutlich wird das etwa im vierten Teil, der zwar mit seinem Titel „Okami – die tätowierte Killerin“ (Buichi Saito, 1972) vorgibt, eine Frau ins Zentrum zu rücken, es dann aber doch auf recht eigenwillige Weise nicht tut, die Figur letztlich immer ziemlich stiefväterlich behandelt. Gleich zu Beginn bekommt sie ihre Tätowierungen in einer wunderbar sinnlichen Montagesequenz aus Überblenden, die ihren Körper zur Landschaft machen, zur Leinwand für den männliche Künstler, auf dem er sein Kunstwerk malen darf, indem eine phallische Nadel unter ihre Haut geht, in sie eindringt. Später dann in der Szene, in der sie den Mann, der sie zuvor vergewaltigte, stellen und erstechen darf, wird das sehr deutlich als penetrativer Akt gezeigt. Die Subversion der Geschlechterordnung muss dann jedoch sofort wieder korrigiert werden, indem es nun an Itto ist, sie mit dem Schwert zu töten, ein Akt, der in die Länge gezogen wird und dabei von einer sehr eigenwilligen Sinnlichkeit zeugt.

Eine Intimität jenseits der des phallischen Tötens und eines Sexes, der immer schon Gewalt ist, scheint es in den Filmen nur in der männlichen Vater-Kind-Beziehung zu geben, etwa in den sich in der Reihe wiederholenden Szenen, in denen die Beiden gemeinsam ein Bad nehmen. Gegen Ende des zweiten Teils jedoch gibt es eine sehr schöner Ausnahme von dieser Regel: In gewohnt poetischen und sehr exakt durch den Schnitt zusammengefügten Bildern wärmen sich die nackten Körper von Vater, Kind und einer fremden Frau an einander, sich gegenseitig vor dem Kältetod beschützend.


Samstag, 5. Januar 2019

Ödipus und Hamlet, aber keine wirkliche Katharsis in "Neun Mädchen auf der Hölleninsel" (Dinos Dimopoulos, Griechenland 1963)

Zu Beginn eine Kerkerwelt aus Mauern und Gittern und den Schatten, die sie werfen (wunderschön fotografiert und kadriert, doch wie in aller großen Kunst macht das die Sache nur noch unerträglicher, hier: klaustrophobischer). Dann die Flucht einer Gruppe weiblicher Häftlinge, die nicht nur in einem Knast eingesperrt sind, sondern auch in ihre eigene Biographie, den Nachwirkungen der Narben, die sie auf den Seelen tragen - und den Unterarmen to tell their Story, aber es gab und gibt für sie keinen "einfachen" Ausweg. Dann die Flucht, zunächst, wie Vieh, in einen Eisenbahnwagon gesperrt, mehr Gitter, mehr Schatten.

Auf einer entlegenen Insel soll der freie Himmel Glück bringen. Doch da haben die Frauen die Rechnung ohne die männlichen Wirte gemacht, eine Gruppe von Gangstern, die hier einen vergrabenen Schatz suchen. Damit entwickelt sich der Film zu einer griechischen Vorab-Exploitation-Version von Lav Diaz' Meisterwerk "The Woman who Left", über den ich schrieb, dass zu Beginn in einem Frauengefangenenlager Machtverhältnisse sichtbar gemacht werden, "die die Figuren des Films sehr direkt betreffen, aber auch auf größere Zusammenhänge verweisen: die einen haben Spitzhacken, die anderen Maschinenpistolen." Nur machen Exploitation-Filme solche Machtverhältnisse eben schonungsloser sichtbar, als es noch das beste Autorenkino im klassischen Sinne könnte (was keine Wertung per se ist, man kann da natürlich immer nur von Film zu Film entscheiden, was passender ist). Jedenfalls graben die einen hier einander sehr buchstäblich ein Grab, während die anderen sitzend zugucken, saufen und von einem besseren Leben phantasieren, in dem sie die Frauen nun auch sexuell ausbeuten könnten. Soviel mal wieder zur Freiheit der Männer im Patriarchat.

Psychoanalytisch interessant wird es dann aber auf der individuellen Figurenebene. Der Anführer der Männer ist ein widerlicher Patriarch. Er hat die Familie einer der Frauen auf dem Gewissen. Seinem Sohn ist die skrupellose Brutalität des Vaters zuwider. Er rebelliert. Doch das Steinzeitpatriarchat sagt dem Vater, dass er zwar gewissenlos aus Kapitalinteressen und um den eigenen Arsch zu retten über viele Leichen gehen darf, nicht aber über die des eigenen männlichen Nachkommens. Also gibt es für den Ungehorsamen "nur" ein paar Ohrfeigen. Freud sah zwischen Ödipus und Hamlet 2000 Jahren menschheitsgeschichtlicher Sublimierung von Gewalt und Begehren: vom Mann, der zwar unwissentlich, aber aus einem unbewussten Wunsch heraus - "denn wer hätte nicht schon im Traum mit der Mutter geschlafen" heißt es bei Sophokles sinngemäß - den Vater ermordet und die Mutter zur Frau nimmt zum Zauderer, der das ganze Stück lang damit ringt, den tatsächlichen Mörder seines Vaters zu richten, weil dieser ihm besagten unbewussten Wunsch erfüllte. Auch unser Held hier ist mehr Zauderer als Mörder.

Schließlich gibt ihm der Vater, den zu töten er sich nicht traut, den Auftrag, die Frau zu ermorden, an deren Familie er sich verschuldigt hat. Doch er bringt es nicht übers Herz, nimmt sie unter dem Vorwand, sie vorher in Ruhe vergewaltigen zu wollen, beiseite - und lässt sie dann davon schwimmen. Sie kehrt mit Hilfe zurück. Der böse Vater wird erschossen. Allerdings nicht von seinem Sohn. Das Ende bietet dann in der Paarbildung eine Erfüllung ödipaler Wünsche: erst der Tod des Vaters macht es dem Sohn möglich, die Frau zu bekommen, die er liebt. Allerdings ist das auf ähnlich harte Art gebrochen wie in "Y tu mamá también" - nur vollkommen anders als dort; einmal mehr: Exploitation vs. Arthaus-Autoren-Kino. Die noch lebenden ziehen in einer Art Prozession davon, die einen haben immer noch Maschinenpistolen, die anderen nicht. Die letzte Einstellung dann zeigt ein Kreuz auf einem Grab. Und wie in jedem Film, der das Grauen dieser Welt in dieser Härte zeigt, das dabei letztlich ein derart archetypisches ist, das es immer wieder auf die gleichen Jahrhunderte oder Jahrtausende alten Geschichten rekurrieren kann, stirbt etwas in einem, nachdem man ihn gesehen hat.

Ich jedenfalls habe am Ende zum ersten Mal seit sehr langer Zeit im Kino bitterlich geweint. Soviel melodramatische Katharsis habe ich mir am Ende dieses Films wohl auch redlich verdient.

Die Ehe als Hort sexueller Frustration(en) in "Ich, das Abenteuer heute eine Frau zu sein" (Roswitha vom Bruck, BRD 1972)

Der Film beginnt wie ein Schlag ins Gesicht. Genauer: er beginnt - nach dem Constantin-Logo, das mal wieder davon kündet, dass Filme wie dieser in der BRD des Jahres 1972 absoluter Mainstream waren - mit Schlägen ins Gesicht der Protagonistin Monika, deren Mann sie prügelt, aus der Wohnung schmeißt und die Treppe hinunter aus Eifersucht. Sie ist das Subjekt des Films, der - damals noch wesentlich außergewöhnlicher als heute - von einer Frau inszeniert und erdacht wurde. Sie wird es durch den Titel, durch das Voice-Over, in dem sie retrospektiv ihre Geschichte erzählt. Doch geht es in dem Film sicherlich nicht zuletzt darum, dass sie nicht nur das Subjekt der Sprache, sondern auch das eines sexuellen Begehrens werden möchte - und zwar eines dezidiert weiblichen. Und um die (mitunter sehr grausamen) Abenteuer, den es für sie in einer patriarchalen Gesellschaft bedeutet, sich diese Subjekt-Position zu erkämpfen.

In einer Disko lernt sie den Architekten Kai kennen. Sie ist noch Jungfrau. Wenig später haben sie den ersten Sex. Er kommt zu schnell. Das geht schon in Ordnung: "Denn wir haben ja noch unser ganzes Leben Zeit." Aber schnell muss sie feststellen, dass dieses Leben zu kurz ist, um darauf zu warten, dass ihr Ehemann (denn vier Monate später läuten bereits die Hochzeitsglocken) lernt sie sexuell zu befriedigen. Sie ist eifersüchtig darauf, dass ihn seine Zeitung und sein Frühstück offenbar mehr interessieren, als seiner Frau Lust zu bereiten. Bald beginnt sie zu onanieren. Als sie es ihm erzählt, ist er eifersüchtig auf ihren Finger, der seinen Schwanz ersetzen kann. Und dabei wohl bessere Dienste leistet, ein Begehren zu befriedigen, von dem er keine Ahnung hat. "Warum hast du mich denn dann überhaupt geheiratet?" Sie entdeckt dabei auch ihre Klitoris als sexuelles Organ, das nicht nur, wie Freud es annahm, ein reichlich klein geratener Penis ist. Immerhin war er selbstironisch genug, um ein ums andere mal zuzugeben, dass er von der Frau und ihrer Sexualität keine Ahnung hatte: man denke nur an seinen berüchtigten Ausspruch, der die Frau zum großen Rätsel und die Männer zu den rätselnden Subjekten erklärte. Mit der ironischen Reflexion der eigenen Position hat es Kai ebenso wenig wie mit der "Standhaftigkeit" im Bett.

Dadurch wird er auch immer eifersüchtiger auf die vielen anderen Männern, die einer attraktiven jungen Frau wie Monika in einer patriarchalen Gesellschaft immer und überall schmierige Avancen machen: der ältere Arzt, der Bauleiter auf der Baustelle, auf der Kai arbeitet, die Bauarbeiter (was für ein großartige Szene, in der sie sich die Männer, die ihre zurufen, dass sie mal ordentlich gebumst werden müsste, nackt vorstellt, einmal mehr vom Objekt zum Subjekt des Begehrens wird - oder zumindest: der sexuellen Neugier auf das Gegenüber). Aus dem Gefühl nicht zu genügen entsteht Aggression auf die, der er nicht genügt. Monika aber hat von dieser Dynamik bald endgültig die Schnauze voll: sie will Sex, guten Sex, befriedigenden Sex, viel Sex. Und holt ihn sich bald mit anderen Männern. Die Ehe dient nur noch zur Sublimierung: teuer Essen gehen, Achterbahn fahren, sich auf dem Rummelplatz Lebkuchenherzen schenken. Dazu seine Kosenamen für sie, die hier hauptsächlich von ihrer Entsexualisierung sprechen: "Kindchen", "Schmusekätzchen".

Der gemeinsame Urlaub, von dem sie sich in dieser Hinsicht viel verspricht, macht es auch nicht besser. Sie will es auf dem Sessel mit ihm treiben, auf ihm sitzend. Er findet: Sex gehört ins Bett und der Mann nach oben. Der Phallozentrismus kennt die Frau als Subjekt des Aktes nicht, darf es nicht zulassen, dass die Frau aktiv statt passiv ist, den Rhythmus nach ihren eigenen Bedürfnissen vorgibt, fickt anstatt gefickt zu werden. Wenn sie ihm einen bläst, klingelt das Telefon - und er möchte lieber rangehen, könnte ja der Chef sein. Also reitet sie, die nun mal ihre Leidenschaft fürs Reiten entdeckt hat, wie sie im Voice-Over nicht ohne Stolz verkündet, weiter andere Männer. Bis er schließlich explodiert. Womit sich der narrative Rahmen schließt. Die endgültige Auflösung, in der der ausgerechnet der Schmier(halb)Gott von Arzt zum Retter der geschundenen Frau wird, ist dann schon etwas sehr problematisch, aber am Ende dieses großartigen Films nur ein winziger Wermutstropfen. Versuchen wir positiv zu denken und wünschen den beiden viel guten Sex. Oder frei nach George Clinton: "Free your desire… and your ass will follow."

Freitag, 4. Januar 2019

Mörderisches (Zwangs)Hetero-"Glück" im Film "Both Ways" (Jerry Douglas, USA 1975)

Ich halte normalerweise rein gar nichts von Spoiler-Warnungen, aber "Both Ways" ist der seltene Glücksfall von einem Film, dessen Erleben wohl wesentlich intensiver ist, wenn man den Handlungsverlauf nicht kennt. Sollte jemand vorhaben, ihn sich anzusehen, wäre es besser, diesen Text erst hinterher zu lesen. Tut es! Es lohnt sich!

Um die Sache mit der, nun ja, Filmkritik aus dem Weg zu bekommen: Ein phantastischer Film. Und ein wunderschöner. Sanft swingend im Erzählduktus, formal avantgardistisch verspielt. Aber dabei auch immer wieder wunderbar witzig. Manchmal auch recht fies und gerade der schockierende letzte Plot Twist funktioniert auch in Genre-Hinsicht ausgezeichnet. Ein Film, der es durch und durch gut meint mit den Menschen, aber gerade deshalb auch weiß, dass man es ihnen niemals zu einfach machen darf, ehrlich mit ihnen sein muss, auch wenn es weh tut. Und dann aber auch: sehr, sehr heiß und sexy! Was will man von einem (Porno)Film mehr erwarten?

Worum geht es? Zu Beginn: Papa, Mama und Kind im Mittelschichtsfamilienglück: Rummelplatz, Riesenrad, Luftballons, die in den Himmel steigen (wenn der Film die Einstellung mit den Ballons am Ende wiederholt, um seinen visuellen Rahmen zu schließen, werden sie aussehen wie Spermien, wie ein Ausdruck eines unerfüllten Begehrens, das sich in den Himmel verflüchtigen muss, weil es auf dieser Erde keine Erfüllung finden kann - oder auch einfach nur: weil der Protagonist sich nicht zugesteht, zu seinem bisexuellen Begehren zu stehen).

Denn Papa merkt, dass er auch auf Männer steht. Geht auch bald eine Affäre mit einem Mann ein, die zunächst - von seinem Geliebten aus - unverbindlich bleiben soll. Doch was lässt sich schon planen, wenn es um Sex und Liebe geht? Also entsteht daraus ein heimliches Beziehungsdreieck. Die Ehefrau ahnt es, wäre vermutlich auch progressiv genug eingestellt, damit sichs eine verträgliche Lösung finden ließe. Doch es ist der Mann selbst, der nicht zu seinen queeren Anteilen stehen will. Einmal gibt es eine - wie alle Sexszenen in diesem Film wunderbar sinnlich und verspielt gefilmte und geschnittene - Orgie, in der es mehrere Männer und Frauen miteinander treiben. Doch nur in heterosexuellen Konstellationen. Das ein Mann einem anderen einen bläst, bleibt tabu, muss unterbunden werden. Die Grenze der "Befreiung" der Sexualität ist hier keine äußere, sondern eine innere. Es geht nicht darum, ob etwas die anderen stören würde, sondern darum, es sich selbst (nicht) eingestehen zu können.

Der Liebhaber hat aber irgendwann keine Lust mehr, sich verstecken zu lassen (müssen). Ihm geht es nicht um die Wahl der Sexualobjekte als übergeordnetes Thema, sondern einzig und allein darum, dass sich der Familienvater zwischen zwei Menschen entscheidet. Er wird dabei auch fordernder, obsessiver. Die Dynamik spitzt sich zu. Schließlich erschlägt der Familienvater den Liebhaber im Affekt mit einem Bierkrug. Ist zunächst ratlos, was er tun soll, beschließt dann aber schnell, die Leiche verschwinden zu lassen. Und mit ihr alle Beweise für sein bisexuelles Begehren - aber auch alle Möglichkeiten, es auszuleben.

Adorno schreibt in einem Aphorismus in der MINMIMA MORALIA, in dem es um Geschlechterverhältnisse geht: "Keine Emanzipation ohne die der Gesellschaft." Das stimmte 1944 in den USA und stimmt bis heute überall auf der Welt. Und dennoch ist es interessant, dass Douglas' Film, 31 Jahre später, von einer Konstellation erzählt, in der es um das genaue Gegenteil geht: Nicht die Gesellschaft einer liberalen und experimentierfreudigen Mittelschicht verunmöglicht die Erfüllung privaten sexuellen und amourösen Glücks, sondern die Verinnerlichung im Über-Ich, das ein patriarchales bleibt, also u. a. auch ein heteronormatives und monogames. Am Ende dann: der Mann, nun auch von seiner Frau verlassen, der auf einem Autoreifen im Garten schaukelt. Ihm bleibt nur die totale Regression - und die Luftballon-Spermien fliegen in den Himmel.

Ein todtrauriger Ausgang in einem Film, der schon durch seine pure Lust am Sex zuvor mitunter sehr hoffnungsvoll stimmte - darin Jack Devaus kleinem schwulen Porno-Meisterwerk "Left-handed" (1972) artverwandt, das auf dem Hofbauer-Kongress im vergangenen Jahr lief.



Donnerstag, 3. Januar 2019

Bolivien

Überarbeitung und Erweiterung eines Facebook-Posts vom 23. 12. 2018

In Carl Schenkels spätem Meisterwerk TARZAN AND THE LOST CITY, den ich auf Letterboxd als "postkolonialistisch humanistischen Kintopp" bezeichnete, geht es u. a. um die Schwierigkeit der Titelfigur in einer kolonialen Gesellschaft, der seine Herkunft bekannt ist, Anerkennung zu finden, obwohl seine Haut weiß ist. Was sagt uns das? Dass das Konstrukt Race in erster Linie ein soziales ist, bei dem die Hautfarbe nur als äußere Markierung funktioniert. Sprich: man verachtet den anderen nicht (hauptsächlich) dafür, dass er schwarz ist, sondern dafür, dass er aus dem Urwald kommt und von Affen(Menschen) groß gezogen wurde.
Allerdings liegt die Sache in heutigen kapitalistischen Gesellschaften oft noch etwas komplizierter. Ein fiktives aber auf eigenen Erfahrungen beruhendes Beispiel dazu: Ich habe lange in Bolivien gelebt, dem zweitärmsten Land der westlichen Hemisphäre. Auf der Internet-Seite Bolivien.de heißt es: „Derzeit leben 10,5 Millionen Menschen in Bolivien. Etwa 60% davon sind Indígenas, also Nachfahren der Urbevölkerung, überwiegend der Aymara und Quechua. Somit ist Bolivien in Südamerika das einzige Land, welches zum größeren Teil noch indigene Gruppen besitzt. Dazu gehören die Chiquitanos, die Guaraní, die Moxeños und die Afro-Bolivianer. 26% der Bevölkerung sind Mestizen (ein Elternteil indigen, das andere weiß) und lediglich 14% sind Weiße (Nachfahren europäischer Einwanderer oder Mennoniten), wovon der Großteil spanisch-stämmig ist.“

Ich selbst verkehrte überwiegend in der - manchmal oberen – Mittelschicht in den großen Städten des Landes. Ethnisch betrachtet waren die meisten Menschen, die mich dort umgaben, Mestizen, was man vielleicht so verbildlichen könnte: für bolivianische Verhältnisse waren sie relativ hellhäutig, würde man ihnen aber hier auf der Straßen begegnen, hätte das geschulte Auge keine großen Probleme zu erkennen, dass sie aus Südamerika stammen. Mir ist in meiner Zeit dort viel Rassismus aufgefallen, der sehr unterschiedliche Ausprägungen hatte. Ich selbst, als jemand der zur Zeit, als er immer wieder dieses Land bereiste, in Deutschland studierte, für hiesige Verhältnisse also nicht viel Geld hatte, für dortige aber schon, war der „gringo“, ein Wort, das einen weißen Europäer oder Nordamerikaner bezeichnet, pejorativ muss es nicht zwangsläufig sein, eine Markierung ist es aber selbstverständlich immer. Zum Glück ist es mir nur sehr selten passiert, dass ich direkt für mein Äußeres angefeindet wurde, also zum Beispiel als „gringo de mierda“ („Scheiß-Gringo“) - die zwei Male, an die ich mich erinnere, in denen das geschah, kam die Anfeindung von armen Indigenen (ich sage vorsichtshalber dazu, dass mir die meisten Menschen dort unabhängig von ihrem und meinem Aussehen mit großem Respekt begegneten). Die pejorativen Begriffe „indio“ oder „chola“ hört man hingegen öfters und oft meinen sie Menschen, die in extremer Armut leben, also zum Beispiel auf der Straße um Geld oder Essensreste betteln oder teilweise auf dem Markt versuchten, ihre einzige Habe an den/die Käufer/in zu bringen. Auch der unfreundliche Zusatz "indios/cholas de mierda" ist dabei keine Seltenheit. Davon abgesehen, dass Menschen die selbst teilweise indigene Vorfahren haben nun mitunter andere Menschen verachten, bei denen die Mischung etwas anders ist - und damit noch etwas unmittelbarer sich selbst, als das bei allem Rassismus sowieso der Fall ist -, habe ich erlebt, wie es etwa zu inner-familiären Spannungen führen kann, wenn ein Halbbruder wesentlich „indigener“ aussieht als seine Geschwister.
Nehmen wir nun also an wir haben einen relativ hellhäutigen Mittelschichtsbolivianer, der rassistische Einstellungen hat. Die Leute, die weniger als er (oder gar nichts) haben zu verachten ist leicht und in aller Regel konsequenzenlos für ihn. Was aber ist mit jemandem, der von Hautfarbe und Physiognomie deutlich der indigenen Bevölkerung angehört, aber Karriere gemacht hat, sagen wir, dass er nicht auf dem Markt sein kümmerliches Hab und Gut feilbietet, sondern ihm der Markt gehört oder - von solchen Leuten wird in der dortigen Mittelschicht gerne gesprochen, ob es sie gibt, sei hier einfach mal dahingestellt - den Fleischhandel in einem ganzen Marktviertel kontrolliert?
Natürlich kann unser hellhäutiger Mittelschichtler den reichen Indigenen/Mischling verachten, sich hinter vorgehaltener Hand darüber aufregen, dass der "indio de mierda" wesentlich mehr Geld hat als er. Aber dass ist nicht das gleiche, weil die Machtverhältnisse dahinter andere sind. Zum Bettler zu sagen: "Verpiss dich, Indio de mierda!" bleibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit folgenlos. Sagt man es zum Marktbesitzer könnte er einem, wenn er denn wollte, wahlweise einen Anwalt oder einen Auftragskiller auf den Hals hetzen (ich gucke zu viele Filme, ich weiß). Und auch die innerpsychischen Vorgänge sind nicht die gleichen, wenn man jemanden ablehnt, dem man sich zugleich ethnisch und sozial überlegen fühlt oder aber jemandem, dem man sich zwar ethnisch überlegen, aber zugleich sozial unterlegen fühlt. Denn: die vermeintlich gottgegebene Hierarchie der "Rassen", die selbstverständlich nichts weiter als ein Überbleibsel des Kolonialismus ist und also so menschgemacht wie nur irgendwas, scheint in letzterem Fall erhebliche Risse zu bekommen. Das einzige was gleich bleibt, sind die äußeren Markierungen: Hautfarbe und bestimmte physiognomische Merkmale.
Eine Szene aus einem bolivianischen Film, den ich in Cochabamba im Kino gesehen habe, ZONA SUR (Juan Carlos Valdivia, 2009), mag das anschaulich belegen. Es geht um eine immer prekärere weiße und gutbürgerliche Familie in der Zona Sur, dem Reichenviertel von La Paz, die schließlich ihr Haus verkaufen muss. Gekauft wird es von einer "Chola", einer jener Frauen in der typischen Tracht mit buntem Rock und Melone, nur ist sie hier mit teuren Klunkern behängt und wenn sie den Reißverschluss ihrer typischen karierten Markttasche aus Kunststoff aufmacht, lachen einen lauter Bündel von Dollarscheinen an: die Insignien der indigenen Bevölkerung des Landes und die der internationalen Macht so geschickt wie schicksalsvoll verschränkt. Dass das eine weiße (Angst)Phantasie in einem Land ist, das seit 2006 erstmals einen Präsidenten hat, der der indigenen Bevölkerungsmehrheit entstammt, bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung - wie klug sie hingegen vom Film als solche reflektiert wird, vermag ich nicht ziemlich genau zehn Jahren nicht mehr zu sagen. Allerdings habe ich Szene und Figur als absolut super in Erinnerung.

Auch unsere westlichen Mainstream-Diskurse sind - zumindest mehr oder weniger - Mittelschichtsdiskurse, unmarkiert ist in ihnen nicht nur, wer weiß, männlich, hetero, Cis, usw. sondern auch wer Mittelschicht ist - oder zumindest nicht übermäßig reich. Die Sprache gibt darüber Auskunft: es gibt kein Wort wie das englische "bum" für jemanden, der in einem stinknormalen 9-5-Job ein durchschnittliches Einkommen hat und in einer mittelgroßen Wohnung lebt. Für jemanden, der wesentlich mehr hat, hingegen gibt es solche Worte: nur zum Besipiel "yuppie". (Hier sei auf die Parallele dieser Diskurse zum Verhältnis gringo/(weißer) Mittelschichtler/indio in Bolivien kurz hingewiesen.)
Es gibt wenige gute Gründe dafür, die internationale Elite, die einen Großteil des Reichtums auf diesem Planeten auf sich vereint - und in der sich auch die nationalen Eliten in jedem kapitalistischen Land spiegelt -, zu mögen. Und ja: aufgrund der Machtverhältnisse der Neuzeit, die mit dem europäischen Kolonialismus begann, sind die meisten, die zu diesen Eliten gehören, weiße Männer wie ich - nur dass ich eben für deutsche Verhältnisse (!) ziemlich prekär bin.
Aber vielleicht kann es doch dabei helfen, dass wir besser miteinander klarkommen, wenn wir diese Scheißmarkierungen als das erkennen, was sie sind: Aufhänger für soziale bzw. klassistische Konstrukte, die dem Erhalt bestehender Machtverhältnisse dienen und die zu dekonstruieren möglich und nötig ist. Denn, let's face it, die einzigen paar Unterschiede, die es zwischen uns geben sollte, belaufen sich auf ca. siebeneinhalb Milliarden unterschiedliche Individuen.

Gewalt(Bilder) und Symbiose

  1. Georg Seeßlen schreibt: “Es sind Bilder der Gewalt, durch die man in unserem Kulturkreis ziemlich früh lernt, sein Vertrauen in die Welt, so wie sie ist, zu verlieren: Sie kommen in “Peterchens Mondfahrt” vor oder in den Religionsfibeln, in denen man Männer sieht, die sich von ihren wallenden Bärten nicht davon abhalten lassen, mit dem Messer auf ihre Kinder loszugehen oder Frauen für weiß der Himmel welche vergehen zu steinigen; sie kommen vor in DUMBO oder THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE.”
  2. Nach dem Mythos des Kugelmenschen, wie ihn Aristophanes in Platos Abendmahl vorträgt, war der Mensch ursprünglich ein kugelrundes “männlich-weibliches” Doppelwesen. Weil er sich aber gegen die Götter auflehnte, beschloss Zeus, ihn in zwei Hälften zu zerschneiden, die dann nach und nach immer weiter modifiziert wurden - bis der Mensch schließlich die Gestalt hatte, wie wir sie heute kennen. Der Eros sei nun der Versuch, diesen Urzustand wieder herzustellen: “aus zweien eins zu machen.”
  3. Freud sagt, dass der Säugling noch keine Trennung von Subjekt und Objekt kenne, seinem Empfinden nach seien er und die Mutter - bzw. deren Brust, die sein wichtigstes Bedürfnis befriedigt - eins. Alle religiösen Vorstellungen nehmen seiner Ansicht nach im Mutterleib und der Stillzeit ihren Ausgang. Otto Rank schrieb 1924 ein Buch über Das Trauma der Geburt, in dem er sich maßgeblich auf Plato und die Kugelmenschen bezog.
  4. Was geschieht nun aber in diesem Mythos psychoanalytisch betrachtet noch? Der Mensch wird bestraft, wird in zwei Hälften geschnitten von den Göttern, die seine Projektionen sind, veräußerlichte Abbilder innerer Ideale und Ängste. Ein brutaler Gewaltakt!
  5. Als Borderliner kenne ich mich mit symbiotischen Beziehungsmustern sehr gut aus: letztlich erwartete ich von allen Menschen um mich herum hauptsächlich, dass sie mich heilen, ganz machen würden: allerdings von meiner Mutter und meinen Sexualpartnerinnen noch etwas mehr als von anderen. (Entschuldigt das Klischee, aber ich bin nunmal mit Leib und Seele Freudianer und oft hatte er wohl schlicht und einfach verdammt nochmal recht. Leider.)
  6. Ich befinde mich gerade in Nürnberg auf dem achtzehnten Hofbauer-Kongress, einem Off-Filmfestival, das (einmal mehr!) cinephil zu preisen, hier nicht der richtige Ort ist. Jedenfalls habe ich dort gestern am ersten Tag zwei Filme gesehen. Aber nur fast, denn den ersten musste ich abbrechen, weil er mir zu nahe ging. Der für sein erotisches Kino bekannte Radley Metzger erzählt in THERESE UND ISABELL (1967) in wunderschönen schwarzweißen Cinemascope-Bildern von der Liebesbeziehung zwischen zwei jungen Frauen in einem Mädcheninternat. Die Beziehung wird immer symbiotischer. Schließlich reflektiert die eine im Voice-Over darüber, was ihr der Sex mit der anderen gibt, der sie, so sagt sie sinngemäß, in einen Zustand wie vor der Geburt versetzt. Dann gibt es einen Dialog zwischen den beiden, in dem es darum geht, ob sie ohne einander leben könnten. Damit war ich raus, denn das war mir, wie gesagt, zu nah. Viel zu nah. (Ich werde ihn mir allerdings bald von DVD nochmal ganz anschauen.)
  7. Der zweite Film des Abends ist eine westdeutsche Produktion von 1979, die unter verschiedenen Titeln firmiert, an denen sich die - ein ums andere mal vergeblichen - Bemühungen ablesen lassen, ihm kommerziellen Erfolg zu bescheren: DIE TOTENSCHMECKER, DER IRRE VOM ZOMBIEHOF, DAS MÄDCHEN VOM HOF. Einerseits folgt der Film einer Eskalationslogik, die mir sehr typisch für das US-amerikanische Genrekino erscheint (auch wenn mir da keine konkreten Beispiele einfallen wollen): im Affekt wird ein Mord begangen, bei dem Versuch, ihn zu vertuschen, laden die Verstuschenden immer mehr Schuld auf sich, stapeln sich die Leichen immer weiter - bis am Ende kaum noch jemand übrig ist. Andererseits ist es aber auch ein sehr bayerischer Film, was über Landschaft, Kleidung und Mundart weit hinaus geht. Um nur ein Beispiel zu nennen spielt der Katholizismus hier eine große Rolle. Es ist dabei aber deutlich einer, der regionsbezogen funktioniert und also grundlegend anders als der bei, sagen wir, Abel Ferrara. Schließlich ist diese Geschichte über Schuld und darüber, wie ihre Vertuschung und Leugnung nur immer mehr Schuld generieren, auch sehr deutlich eine aus dem Deutschland nach 1945. Der erste Mord auf dem Hof, auf dem der Film spielt wird von einem geistig behinderten Stallburschen begangen. Die anderen Männer wissen auf ihre Art, dass er krank ist, anstatt ihn in irgendeiner Art behandeln zu lassen, gibt es Schläge für ihn, wenn er sich mal wieder an einer Frau vergeht. Er bringt eine Frau aus der Gruppe von Sinti und Roma um, die sich in der Nähe niedergelassen hat, und die man schon deshalb verachtet, weil sie nicht katholisch sind. Auf einen Mord eines geistig Kranken im Affekt folgen nun viele, die vermeintlich Gesunde sehr berechnend begehen. Die Liebe eines weiblichen Teenagers vom Hof zu einem männlichen aus der “Zigeuner”-Gruppe vermag es nicht, den Hass und die Gewalt zu transzendieren. Ihr gehört die letzte Einstellung, in der sie schmerzerfüllt in die Kamera blickt, das Bild wird eingefroren und die Credits laufen über ihm ab.
  8. In der Welt, in der wir leben, und die es einem mit all ihrer Gewalt schon manchmal verdammt schwer macht, nicht den Glauben an die Menschen zu verlieren, sollten wir nach gesunden (!) Wegen suchen, mit denen die Liebe den Hass überwinden kann. Symbiose gibt es nicht - und ich denke, dass etwa noch die größte sexuelle Lust nach einem anderen Prinzip funktioniert bzw. funktionieren sollte. Der vergebliche und obsessive Versuch, etwas zu finden, was es nicht  gibt, führt nur zu immer mehr Schuld - wie die Suche der Konquistadoren nach dem El Dorado in Südamerika als historisches Beispiel eindrucksvoll belegen mag. Wege uns zu verbinden und gut zueinander zu sein, gibt es jedoch durchaus. Let's keep on trying!