Mittwoch, 16. Januar 2019

Kolumbus, ich und wie die Welt wurde, was sie heute ist, Teil 1: Privilegien

Ich schreibe in letzter Zeit sehr viel, wie immer hauptsächlich über meine große Leidenschaft: das Kino. So unterschiedlich die Filme von Paul Verhoeven, Brian Yuzna und Stewart Gordon oder Abel Ferrara auch sein mögen, die ich innig liebe und es wohl immer tun werden, sie haben doch gemeinsam, dass ihre Regisseure – wie ich – gewisse Privilegien genießen, für die sie nichts können und nichts getan haben: sie alle sind als weiße, heterosexuelle Cis-Männer ohne Behinderung in westlichen Industrienationen geboren – und für sie gilt, wie für alle Menschen, die nicht jung sterben, dass sie irgendwann alt werden. Unsere trans- und homophobe und heteronormative, rassistische und sexistische, ableistische und antisemitische, klassistische und lookistische, ageistische und xenophobe Kultur ist eine voller Zwänge, denen die einzelnen Individuen in ihrer Umwelt begegnen, die sie aber auch und vor allem internalisieren. 

Wenn mir die Filme von Verhoeven, Ferrara, Yuzna und Gordon diese Zwänge in aller Brutalität vorführen, mit ihnen immer wieder subversiv spielen, wenn es Filme sind, die nicht nur immer wieder von drastischer Gewalt handeln und sie zeigen, sondern letztlich fast selbst zu Gegengewalt werden in der bissigen Satire und dem beißenden Spott, der Verzweiflung und Wut, mit der sie den Verhältnissen begegnen, dann entspricht die Perspektive, aus der heraus sie das tun, dabei doch immer der meinen, wenn ich Texte wie diesen schreibe (und dass ihre Filme, die mich teilweise seit Jahrzehnten begleiten, meinen Blick auf die Welt entschieden mitprägten, geschenkt). In einer von westlichen weißen Männern und Mittelklasse-Diskursen dominierten Welt wie der unseren, müssen alle Menschen, die nach einer Freiheit streben, die über die Glücksversprechungen von materiellem Wohlstand hinaus geht, zumindest versuchen, sich von den Zwängen zu befreien, denen sie – gerne noch einmal: von außen und innen – unterworfen sind.

Aber natürlich machen die Privilegien dabei einen Unterschied, weil es eben etwas anderes ist, ob die Hindernisse, die sich dem Individuum dabei in den Weg stellen, vornehmlich – oder zumindest auch – äußerliche sind, Hunger, Armut, Perspektivlosigkeit und/oder Erfahrungen mit Diskriminierung und Gewalt in all ihren Formen, die Menschen für Abweichungen von Normen bestrafen, für die sie ebenso wenig können wie ich dafür, dass ich sie erfülle. Oder aber, ob der Kampf von mir, meine Emanzipation, eine ist, die sich hauptsächlich in meinem Inneren abspielt. Denn auch dort wüten der Dämon des Patriarchats und das Schreckgespenst des europäischen Kolonialismus, von dem man alles Recht hat zu behaupten, dass mit ihm die Neuzeit beginne. Sorgte er doch auf jenes aufbauend und seine Tyrannei noch vervielfachend für eine bis heute andauernde globale Kräfteverteilung, die mit viehischer Gewalt mehr denn je, alle Bewohner*innen dieses Planeten in gegensätzliche Kategorien teilen wollte und teilt, die letztlich für uns alle in all unserer individuellen und kollektiven Vielfalt nur Gefängnisse sein können, laufen sie doch schlussendlich auf nur eine einzige Dichotomie hinaus: Mächtige und Machtlose (oder Ohnmächtige).

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